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Pauschaler Verweis auf günstigere Werkstatt durch Versicherer ist unzureichend, zur behaupteten Gleichwertigkeit der Reparatur muss substantiiert vorgetragen werden

AG Köln, Urteil vom 27.04.2021, AZ: 270 C 122/20

Praxis

Der vom Gericht beauftragte Sachverständige hatte einzelne Positionen nicht als erforderlich angesehen, sodass der Instandsetzungsaufwand unter dem Wiederbeschaffungsaufwand lag und nicht auf Totalschadenbasis abgerechnet werden konnte. Dafür hat das Gericht dem Geschädigten aber die im Gutachten seines Sachverständigen zugrunde gelegten Stundenverrechnungssätze einer Markenwerkstatt zugesprochen.

Die Rechtsprechung des BGH zur Verweisung eines Geschädigten auf eine günstigere Möglichkeit der Instandsetzung bei Gleichwertigkeit der Reparatur wurde konsequent umgesetzt. Der übliche pauschale Hinweis der Versicherung, dass der Referenzbetrieb Mitglied in diversen Verbänden und zertifiziert sei, reichte nicht aus.

Darüber hinaus stellt das Gericht auch klar, dass der Einwand, bei fiktiver Abrechnung würden einzelne Positionen nicht anfallen und seien daher nicht zu erstatten, unsinnig ist. Anderenfalls wären alle Kosten, die fiktiv und gerade nicht konkret abgerechnet werden, nicht erstattungsfähig.

Hintergrund

Nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall rechnete der Geschädigte auf Grundlage eines Sachverständigengutachtens den Fahrzeugschaden auf Totalschadenbasis ab. Der einstandspflichtige Versicherer bezog sich auf einen Prüfbericht, mit dem der Geschädigte auf eine weitaus günstigere Werkstatt verwiesen wurde und zahlte lediglich gekürzte Reparaturkosten. Weitere Kosten (z.B. für Kennzeichen) würden erst bei konkreter Bestellung anfallen und seien bei fiktiver Abrechnung nicht erstattungsfähig.

Das AG Köln erhob Beweis durch Beauftragung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens. Zwar lag im Ergebnis kein Totalschaden vor, der Geschädigte müsse sich aber hinsichtlich der Instandsetzungskosten nicht auf eine günstigere Werkstatt verweisen lassen.

Aussage

Der Geschädigte kann den zur Wiederherstellung seines Fahrzeugs erforderlichen Geldbetrag verlangen, wobei es unerheblich ist, wofür er diesen tatsächlich verwendet. Schätzgrundlage ist das vom Geschädigten beauftragte Sachverständigengutachten. Dabei ist auch bei fiktiver Abrechnung von den Beträgen auszugehen, die für eine Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt in der Nähe des Wohnsitzes des Geschädigten voraussichtlich anfallen werden.

Unter dem Gesichtspunkt der Schadenminderungspflicht kann der Geschädigte auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen „freien Fachwerkstatt" verwiesen werden. Der Schädiger müsse aber darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass eine Reparatur dort vom Qualitätsstandart dem einer markengebundenen Fachwerkstatt gleichwertig ist.

Das Gericht war nicht davon überzeugt, dass die benannte freie Werkstatt eine technisch gleichwertige Instandsetzung bieten könne. Maßgeblich ist, ob es sich um einen Meisterbetrieb handelt, ob dieser zertifiziert ist, ob dort Originalersatzteile verwendet werden und über welche Erfahrung man bei der Unfallinstandsetzung verfügt (BGH, Urteil vom 23.02.2010 - VI ZR 91/09 VersR2010, 923), ferner die personelle und ausrüstungsmäßige Ausstattung des Betriebs (vgl. etwa OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.03.2012, AZ: 11 U 139/11 - NJW 2012, 2044). Dazu müsse der Schädiger so vortragen, dass der Geschädigte in die Lage versetzt wird, die Gleichwertigkeit der vorgeschlagenen Werkstatt auch ohne größere Nachforschungen überprüfen zu können. Ein pauschaler Hinweis darauf, dass die benannte Werkstatt durch einen Verband zertifiziert wurde, ist nicht ausreichend. Zumal auf konkretes Bestreiten hin vom Versicherer nicht einmal vorgetragen wurde, um welche Stelle es sich handelt und welche Qualitätsstandards der Zertifizierung zugrunde lagen.

Der Geschädigte kann auch eine Kleinersatzteilepauschale ersetzt verlangen. Im Gutachten sind nicht sämtliche Kleinersatzteile wie Schrauben etc. einzeln aufgeführt, eine Pauschale ist ortsüblich und der Höhe nach angemessen. Auch die Siegelkosten und die in dem Zusammenhang im Sachverständigengutachten aufgeführten Kosten in Höhe von 115,00 € sind dem Geschädigten zu ersetzen. Der Einwand, dass solche Kosten erst bei der konkreten Bestellung anfallen, greift nicht durch. Es ist der fiktiven Abrechnung immanent, dass die geltend gemachten Kosten erst bei der konkreten Abrechnung anfallen würden. Dies gilt aber für alle Kosten, die fiktiv und gerade nicht konkret abgerechnet werden.

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