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Schadenersatzpflicht des Waschanlagenbetreibers bei Beschädigung eines Fahrzeugs

LG Wiesbaden, Urteil vom 22.07.2021, AZ: 9 O 1499/20

Praxis

Schäden bei der Nutzung von Waschanlagen beschäftigen immer wieder die Gerichte. Wichtig zu wissen ist hierbei, dass der Kunde vor Gericht vollumfänglich darlegen und auch nachweisen muss, dass an seinem Auto ein Schaden bei Betrieb der jeweiligen Waschanlage entstanden ist. Steht dies fest und hat der Kunde bei der Benutzung der Waschanlage die erforderliche Sorgfalt beachtet, so haftet der Anlagenbetreiber grundsätzlich auch für die durch die Nutzung entstandenen Schäden. Dies gilt auch dann, wenn diese durch nicht mehr aufzuklärende Fehler der Waschanlage entstanden ist.

Kann allerdings wiederum der Waschanlagenbetreiber die fachgerechte Wartung und regelmäßige Kontrolle der Anlage glaubhaft dokumentieren, so kann er sich entlasten. Hierfür ist allerdings wiederum der Waschanlagenbetreiber darlegungs- und beweisbelastet.

Der vom LG Wiesbaden entschiedene Fall zeigt einen weiteren Aspekt der Haftung des Waschanlagenbetreibers auf. Dieser haftet auch aus der Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht. Der Betreiber muss im Hinblick auf seine Kunden in geeigneter Weise darauf hinwirken, dass kein Fehlverhalten vorkomme. Im konkreten Fall verlangte das LG Wiesbaden sogar, dass der jeweilige Mitarbeiter, welcher vor der Waschstraße das Entgelt abkassiert, dafür Sorge trägt, dass die Antenne abgeschraubt und die Außenspiegel eingeklappt werden. Die Beklagte als Anlagenbetreiberin konnte sich mithin nicht entlasten und musste für den Schaden vollumfänglich aufkommen.

Hintergrund

Die Klägerin nutzte mit ihrem Fahrzeug die Waschstraße, welche die Beklagte betreibt. Dies geschah am 08.05.2020 gegen 19:00 Uhr. Beim Pkw der Klägerin handelte es sich um einen Mitsubishi ASX 1,6 ZWD. Vor Einfahrt in die Waschstraße wurde das Fahrzeug der Klägerin durch einen Mitarbeiter der Beklagten mit einer Hochdrucklanze und Handbürste vorgereinigt. Die Aufgabe dieses Mitarbeiters ist es auch, beim Kassieren des Waschpreises vor der Einfahrt den jeweiligen Kunden darauf aufmerksam zu machen, die Antennen einzufahren, Außenspiegel einzuklappen und sonstige lose Anbauteile zu entfernen.

Nach dem Durchfahren der Waschstraße stellte die Klägerin an ihrem Fahrzeug beim Trockenreiben Kratzer fest. Auch ein Zeuge, welcher mit einem BMW die Waschstraße nach der Klägerin befuhr, stellte derartige Kratzer fest. Auf die Schadenmeldung von Klägerin und BMW-Fahrer hin wurde die Waschstraße von Mitarbeitern angehalten. Sie wurde abgesucht und es fand sich ein abgebrochenes Antennenstück mit Metallkern im Waschmaterial der zweiten Dachwalze. Dieses war von außen allerdings nicht zu erkennen. Am klägerischen Fahrzeug entstand ein erheblicher Schaden. Der Gutachter schätzte den Reparaturaufwand auf 8.012,51 € brutto.

Nachdem vorgerichtlich auf Beklagtenseite keine Bereitschaft bestand, den Schaden zu ersetzen, machte die Klägerin diesen vor dem LG Wiesbaden vollumfänglich erfolgreich geltend. Der Klage wurde stattgegeben.

Aussage

Das LG Wiesbaden ging davon aus, dass zwischen den Parteien im Hinblick auf die Nutzung der Waschstraße ein Werkvertrag abgeschlossen worden war. Die Beklagte schuldete vor diesem Hintergrund nicht nur entsprechende Bemühungen, sondern den Reinigungserfolg. Hierbei treffe den Waschanlagenbetreiber aus dem Vertrag auch die Pflicht, sich bei der Abwicklung des Geschäfts so zu verhalten, dass Körper, Leben, Eigentum und sonstige Rechtsgüter ihrer Kunden nicht verletzt werden. Der Betreiber müsse nicht nur die allgemein anerkannten Regeln der Technik einhalten, sondern darüber hinaus müsse der Betreiber in geeigneter Weise darauf hinwirken, dass bei den Kunden kein Fehlverhalten vorkomme, wenn diese bei Benutzung der Anlage zwar selten, aber vorhersehbar nicht die notwendigen Verhaltensregeln einhalten. Es müsse in geeigneter und dem Betreiber zumutbarer Weise über die zu beachtenden Verhaltensregeln informiert und aufgeklärt werden (so auch BGH, Urteil vom 19.07.2018, AZ: VII ZR 251/17). Dem sei allerdings die Beklagte vorliegend nicht gerecht geworden.

Auch der Umstand, dass die Beklagte wie behauptet die Anlage regelmäßig kontrolliert und gewartet hat, könne sie nicht entlasten. Hier ginge es auch gar nicht um eine Funktionsstörung der Anlage infolge unzureichender Kontrolle oder fehlerhafter Einstellung oder gar infolge unterbliebener Wartung, sondern um den Umstand, dass ein Kunde irgendwann einmal in die Waschstraße einfuhr, ohne die Antenne abzuschrauben.

Das an dem vor dem klägerischen Fahrzeug in die Waschstraße eingefahrenen Fahrzeug keine abgebrochene Antenne zu finden war, hielt das Gericht für irrelevant. Es liege auf der Hand, dass ein abgebrochenes Teilstück einer Antenne unmittelbar nach dem Abbrechen zunächst von dem Material der Dachwalze aufgenommen werde und in der Folgezeit an diversen die Anlage befahrenden Kraftfahrzeugen keinerlei Schäden verursacht werden und erst allmählich eine Lageänderung innerhalb des Materials der Dachwalze stattfinde, sodass es dann zu Schäden komme.

Diesen Umstand habe die Beklagte auch gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB zu vertreten.

Ob Hinweisschilder angebracht waren, könne dahinstehen. Die Beklagte hatte vorgetragen, dass ein Kunde, der den auf den Schildern abgebildeten Verhaltensmaßregeln kurz vor der Einfahrt in die eigentliche Waschstraße noch nicht nachgekommen ist, spätestens beim Kassieren des Waschpreises von dem jeweiligen Mitarbeiter aufgefordert werde, die Antenne einzufahren und Außenspiegel einzuklappen. Dem seien die Mitarbeiter der Beklagten nicht gerecht geworden.

Das LG Wiesbaden sprach mithin die durch den Vorfall der Klägerin entstandenen Schäden zu. Auch die Kostenpauschale in Höhe von 25,00 € wurde bestätigt. Diese gebe es nicht nur im Rahmen des Schadenersatzes bei Verkehrsunfällen, sondern auch bei Schadenersatzleistungen primär aus Vertrag.

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