zurück zur Übersicht

Höherer Nutzungsausfallersatz beim Haftpflichtschaden aufgrund Corona- Pandemie

AG Nürnberg, Urteil vom 14.10.2020, AZ: 21 C 4507/20

Praxis

Auch im Bereich der Unfallschadenregulierung gibt es starke Auswirkungen der Corona- Pandemie auf eventuelle Ansprüche der Geschädigten. Wer sich im Zeitraum eines Lockdowns ein Ersatzfahrzeug suchen muss, begegnet zahlreichen Schwierigkeiten. Es ist nachvollziehbar, dass sich dadurch der Nutzungsausfallzeitraum erheblich verlängern kann.

Kommt es hier zu einer Vergrößerung des Schadens, so trifft das Risiko der Schadenvergrößerung grundsätzlich den Schädiger und nicht den Geschädigten. Dem Schädiger ist der höhere Schaden ohne Weiteres zurechenbar.

Zutreffend sprach vor diesem Hintergrund das AG Nürnberg den höheren Nutzungsausfallschaden der Klägerseite zu; denn wäre der Unfall nicht eingetreten, so hätte sich auch ein entsprechender Nutzungsausfallschaden nicht ergeben. Die (Mit-)Ursächlichkeit der Corona-Pandemie für die Schadenvergrößerung ändert daran nichts.

Hintergrund

Der Kläger erlitt unverschuldet am 25.02.2020 in Nürnberg mit seinem Pkw einen Verkehrsunfall. Der Fahrer des bei der Beklagten versicherten Fahrzeugs war am Unfalleintritt alleinig schuld. Die Haftung dem Grunde nach war also unstreitig.

Der Kläger, welcher sein verunfalltes Fahrzeug nicht mehr nutzen konnte, begehrte Nutzungsausfall für einen Zeitraum von 38 Tagen. Die Beklagte anerkannte allerdings lediglich 24 Tage. Der Kläger behauptete, die erste Vorschusszahlung der Beklagten sei erst am 24.03.2020 eingegangen. Ohne diesen Vorschuss habe er sich kein Ersatzfahrzeug kaufen können.

Nachdem die Zahlungen im Zeitraum des Lockdowns eingingen, konnte er auch dann mit diesem Geldbetrag die Ersatzbeschaffung nicht abschließen, nachdem die Autohäuser pandemiebedingt geschlossen hatten. Hieraus rechtfertige sich der längere Nutzungsausfallzeitraum. Die Beklagte sah dies anders und verblieb vorgerichtlich bei der Regulierung von Nutzungsausfall für lediglich 24 Ausfalltage.

Vor Gericht unterlag die Beklagte vollumfänglich.

Aussage

Das AG Nürnberg stellte fest, dass die vernommene Zeugin glaubhaft und glaubwürdig bekundet hatte, dass sie und ihr Ehemann (der Kläger) nicht in der Lage waren, vorzufinanzieren.

Zu den Auswirkungen des Lockdowns führte das AG Nürnberg aus:

„Da die Vorschusszahlung der Beklagten erfolgt ist in Zeiten des Lockdowns, waren in Bayern die Autohäuser geschlossen und der Kläger war nicht in der Lage, sich Fahrzeuge in Autohäusern anzusehen. Auch sonst konnten gebrauchte Fahrzeuge allerhöchsten virtuell angesehen werden. Da bis zum 1. Vorschuss bereits 28 Tage verstrichen sind, hält es das Gericht in diesen besonderen Zeiten des Lockdowns für nachvollziehbar und plausibel, dass das Ersatzfahrzeug durch den Kläger nicht sofort beschafft werden konnte. Für die Suche eines Ersatzfahrzeuges sind aufgrund der besonderen Umstände der Pandemie mehr Tage in Anschlag zu bringen, sodass das Gericht weitere 10 Tage für angemessen hält. Insbesondere um den Kauf abwickeln zu können und eine Ersatzfahrzeug zu finden, hält das Gericht die weiteren 10 Tage für erforderlich.

Berücksichtigt man dann noch weiter, dass der 2. Vorschuss erst am 20.04.2020 eingegangen ist und die Zeugin dem Gericht glaubhaft und glaubwürdig versichert hat, dass sie ohne den 2. Vorschuss das Fahrzeug nicht hätten kaufen können, ist dem Kläger erst ab diesem Zeitpunkt die Ersatzbeschaffung überhaupt möglich gewesen. Dies ist auf die langsame Zahlung der Beklagten zurückzuführen und muss sich der Kläger nicht anlasten lassen. Insoweit sind weitere 14 Tage Nutzungsausfall in Höhe von 65 €, mithin weitere 910 EUR von der Beklagten zu bezahlen.“

Telefon 0800 500 50 25

 
Cookies erleichtern die Bereitstellung unserer Dienste, lesen Sie mehr über die Verwendung in unserer Datenschutzerklärung.