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Werkstattrisiko liegt beim Schädiger

AG Bad Oeynhausen, Urteil vom 22.04.2021, AZ: 24 C 60/21

Praxis

Das AG Bad Oeynhausen schließt sich der ständigen Rechtsprechung an, wonach das Werkstattrisiko grundsätzlich beim Schädiger liegt. Dem Schädiger entsteht hierdurch auch kein Nachteil, denn nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung kann er die Abtretung etwaiger Schadenersatzansprüche gegen die Werkstatt vom Geschädigten verlangen.

Hintergrund

Die Parteien streiten über restlichen Schadenersatz nach einem Verkehrsunfall. Die Haftung der Beklagten steht dem Grunde nach außer Streit. Für die Reparatur des streitgegenständlichen Fahrzeugs wurden der Klägerin insgesamt 5.515,60 € in Rechnung gestellt.
Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Rechnung um 139,20 € zu kürzen ist und verweigert insoweit die Regulierung. Die Klägerin macht zudem weiteren Nutzungsausfall geltend.

Aussage

Nach Ansicht des AG Bad Oeynhausen kann es dahinstehen, ob einige von der Werkstatt durchgeführten Arbeiten nicht notwendig waren bzw. ob die Rechnung teilweise überhöht ist, denn die Beklagte trägt insoweit das Werkstattrisiko, sodass die Positionen der Klägerin gleichwohl nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zu ersetzen sind.

Gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB kann der Geschädigte den zur Wiederherstellung erforderlichen Geldbetrag ersetzt verlangen. Erforderlich sind dabei jedoch nur die Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte. Dem Geschädigten sind in diesem Rahmen auch Mehraufwendungen zu ersetzen, die ohne Schuld des Geschädigten durch unsachgemäße Maßnahmen der Reparaturwerkstatt entstehen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn den Geschädigten hinsichtlich der Auswahl des Reparaturbetriebs ein Auswahlverschulden trifft, ein solches liegt jedoch nicht vor. Die Beauftragung der Werkstatt erfolgte auf Grundlage eines Schadengutachtens, die Klägerin durfte dabei auf die Richtigkeit des Sachverständigengutachtens vertrauen.

„Die Übertragung des Werkstattrisikos auf den Schädiger findet seine Grundlage in § 249 Abs. 1 BGB, nachdem der Schädiger grundsätzlich zur Naturalrestitution verpflichtet ist und § 249 Abs. 2 S. 1 BGB dem Geschädigten lediglich eine Ersetzungsbefugnis zuerkennt. Die Reparatur vollzieht sich daher in der Verantwortungssphäre des Schädigers. Würde der Schädiger eine Naturalrestitution selbst vornehmen, so träfe ihn gleichfalls das Werkstattrisiko. (...)

Es ist daneben unerheblich, ob die Klägerin die Forderung der Reparaturfirma ausgeglichen hat. Auch im Fall des noch nicht erfolgten Ausgleichs trifft den Schädiger das Werkstattrisiko. Der Geschädigte kann, sofern ihn kein Auswahlverschulden trifft, nicht zunächst darauf verwiesen werden, einer übersetzten Forderung der Werkstatt seine Einwände entgegenzusetzen, um die Forderung in gerichtlicher Auseinandersetzung auf die angemessene Höhe zurückzuführen. Sogar in den Fällen, in denen ein Vorgehen gegen die Werkstatt nach Sachlage aussichtsreich erscheint, würde der Schädiger von ihm zu viel verlangen, wollte er ihm die Mühen und Risiken einer Auseinandersetzung aufbürden, die letztlich vom Schädiger zu verantworten ist. Diese Auseinandersetzung hat vielmehr der Schädiger zu führen.

Nach dem Vorstehenden kann die Klägerin von der Beklagten die restlichen Reparaturkosten in Höhe von 130,20 € ersetzt verlangen. Ebenso kann die Klägerin von der Beklagten weiteren Nutzungsausfall in Höhe von 70,- € verlangen. Die Reparatur des klägerischen Fahrzeugs hat unstreitig 8 Tage gedauert. Selbst wenn eine Reparatur in 6 Tagen möglich gewesen wäre, träfe die Beklagte auch insoweit das Werkstattrisiko. Die Einordnung des Fahrzeugs in die Gruppe C und der Tagessatz von 35,- € sind unstreitig.“

Telefon 0800 500 50 25

 
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