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Erforderliche Reparaturkosten nach Haftpflichtschaden und Indizwirkung der Rechnung, Kosten der ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen

AG Ansbach, Urteil vom 14.04.2021, AZ: 2 C 68/21

Praxis

Das Urteil des AG Ansbach enthält zwei für die Praxis wichtige Aussagen:

Bei der Geltendmachung von Fahrzeugschäden nach einem Verkehrsunfall kommt der Reparaturrechnung eine Indizwirkung unabhängig davon zu, ob diese bereits vom Geschädigten bezahlt wurde oder nicht. Die Rechtsprechung des BGH, welche erst nach Zahlung der Rechnung eine Indizwirkung sieht, bezog sich auf Sachverständigenkosten.

Beim Reparaturschaden spielt allerdings das sogenannte Werkstatt- und Prognoserisiko eine besondere Rolle. Dieses Risiko soll der Schädiger tragen. Deswegen tritt die Indizwirkung bereits mit konkreter Rechnungsstellung ein.

Der Schädiger ist dadurch geschützt, dass er eine Abtretung Zug um Zug eventueller Ansprüche gegen den Reparaturbetrieb seitens des Geschädigten verlangen kann. Es findet dann also eine Zug-um-Zug-Verurteilung statt.

Weiterhin bestätigt das AG Ansbach die Erstattbarkeit der Kosten einer ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigenbüros bei vorgenommenen Kürzungen auf Seiten der unfallgegnerischen Versicherung. Auch dies stärkt die Rechte des Geschädigten.

Derartigen Kürzungen müsse er entgegentreten. Fundierte Einwendungen kann er letztendlich nur unter Hinzuziehung eines fachlich versierten Sachverständigenbüros erheben. Dann ist es auch folgerichtig, ihm hierfür entstehende weitere Kosten als Schadenersatz zuzugestehen.

Hintergrund

Die Klägerin (Sachverständigenbüro) fordert von der unfallgegnerischen Haftpflicht- versicherung, deren Eintrittspflichtigkeit dem Grunde nach feststand, restliche Reparaturkosten wie auch zusätzliche Kosten der ergänzenden Stellungnahme aufgrund eines Kfz- Haftpflichtschadens.

Bezüglich der Reparaturkosten kürzte die Beklagte 108,00 €. Das Fahrzeug wurde sach- und fachgerecht durch einen Kfz-Betrieb repariert. Die Klägerin gab bezüglich der Kürzungen ein Ergänzungsgutachten in Auftrag, welches zu dem Ergebnis kam, dass die in Rechnung gestellten Reparaturkosten allesamt erforderlich waren. Für das Ergänzungsgutachten berechnete das Sachverständigenbüro 100,00 € netto. Dieses hatte bereits das Ausgangsgutachten erstellt. Die Kosten für das Ausgangsgutachten erstattete die Beklagte vorgerichtlich anstandslos.

Nachdem sie allerdings bei den Kürzungen der Reparaturkosten verblieb und die Beklagte auch nicht die weiteren Sachverständigenkosten erstattete, klagte die Geschädigte vor dem AG Ansbach und gewann weitaus überwiegend.

Im Hinblick auf die restlichen Reparaturkosten erfolgte allerdings lediglich eine Zug-um-Zug- Verurteilung.

Aussage

Bezüglich der ausstehenden Reparaturkosten verwies das AG Ansbach auf die ständige Rechtsprechung des BGH. Es gelte die subjektbezogene Schadenbetrachtung. Der Schädiger schulde grundsätzlich auch Mehrkosten der Reparatur – dies auch, wenn diese ohne eigenes Verschulden des Geschädigten aufgrund von unwirtschaftlichen und unsachgemäßen Maßnahmen der beauftragten Werkstatt verursacht wurden. Das Werkstattrisiko sei letztendlich vom Schädiger zu tragen.

Dies gelte nur dann nicht, wenn die vom Geschädigten ausgesuchte Werkstatt für diesen vorhersehbar für eine ordnungsgemäße und gleichzeitig wirtschaftliche Reparatur nicht geeignet gewesen sei. Bezüglich der unfallbedingten Reparatur dürfe der Geschädigte grundsätzlich auf die Angaben eines Sachverständigengutachtens vertrauen und entsprechend dem Gutachten zu ersetzende Schadenbeseitigungsmaßnahmen beauftragen (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 22.10.2003, AZ: 4 U 131/02).

Umgekehrt würde den Interessen des Schädigers, nicht für überhöhte Forderungen zu haften, dadurch Rechnung getragen, dass dieser im Wege des Vorteilsausgleichs die Abtretung eventueller Rückforderungsansprüche des Geschädigten gegen die Werkstatt verlangen könne.

Hinsichtlich der Indizwirkung der Rechnung führte das AG Ansbach aus, dass es unerheblich sei, ob die Reparaturrechnung bereits ausgeglichen wurde. Hierzu das AG Ansbach wörtlich:

„Eine Indizwirkung für die Erforderlichkeit der angefallenen Kosten ergibt sich bei konkreten Schadensabrechnung allein daraus, dass die Reparaturarbeiten auf der Grundlage eines zuvor erstellten Gutachtens durchgeführt werden. Die Feststellungen des Gutachters sind ein aussagekräftiges Indiz für den Herstellungsaufwand. Die Rechtsprechung des BGH zur Indizwirkung ausschließlich der beglichenen Rechnung im Falle der Gutachterkosten kann hier nicht entsprechend herangezogen werden. Das in der Rechtsprechung entwickelte Prinzip, der Schädiger trage im Falle der konkreten Schadensabrechnung das Werkstattrisiko, ist eindeutig und setzt den Ausgleich des Rechnungsbetrages nicht voraus. (so auch: AG Wuppertal, Urteil vom 07.10.2019 – 37 C 49/19).“

Bezüglich der Sachverständigenkosten für die ergänzende Stellungnahme stellte das AG Ansbach fest:

„Die Kosten für die ergänzende Stellungnahme des Sachverständigenbüros XY vom 07.01.2020 in Höhe von 100 € sind ebenfalls nach § 249 II 1 BGB erstattungspflichtig. Da der Geschädigte, auch die hier geschädigte GmbH, bereits vorgerichtlich einen Sachverständigen heranziehen darf, um den entstandenen Schaden beziffern zu können, muss dies auch dann gelten, wenn Zweifel oder Nachfragen hinsichtlich des Gutachtens auftauchen, die durch die ergänzende Stellungnahme geklärt werden können (vgl. LGSaarbrücken, Urteil vom 18.09.2009 – 16 O 365/07).“

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