Kfz-Haftpflichtschaden – Erstattung der konkreten Reparaturkosten trotz Weiterveräußerung durch den Geschädigten vor Reparatur
LG Weiden, Urteil vom 16.11.2020, AZ: 14 O 217/20
Praxis
Der vorliegende Fall enthält eine ungewöhnliche Konstellation. Er zeigt allerdings sehr schön, dass es keine Rolle spielen kann, ob der Geschädigte bereits vor Abschluss der Reparaturarbeiten sein verunfalltes Fahrzeug veräußert. Insbesondere liegt dann nicht eine fiktive Abrechnung des Fahrzeugschadens vor, bei welcher der Geschädigte unter Umständen auf die Abrechnungsvariante Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert zurückfällt.
Denn entscheidend ist, dass der Geschädigte die Reparaturrechnung noch bezahlen muss. Nur dadurch kann er einen höheren Verkaufspreis erzielen schuldet aber umgekehrt auch die entstandenen Reparaturkosten. Er verdient also keinesfalls an dem Unfall.
Hintergrund
Das LG Weiden hatte über einen ungewöhnlichen Sachverhalt zu entscheiden: Aufgrund eines Verkehrsunfalls vom 26.04.2017 erlitt das Fahrzeug des Klägers einen Reparaturschaden. Zunächst ermittelte der Gutachter voraussichtliche Reparaturkosten in Höhe von 5.235,44 € brutto. Auf Basis dieser Kalkulation beauftragte der Kläger die Reparatur bei einem Kfz-Betrieb.
Nach Beginn der Reparaturarbeiten wurde allerdings eine Schadenerweiterung festgestellt und eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigenbüros eingeholt. Dieses erstellte einen Nachtrag zum ursprünglichen Gutachten und gab die voraussichtlichen Reparaturkosten nunmehr mit 7.356,46 € brutto bekannt. Der Kläger verkaufte bereits vor Abschluss der Reparaturarbeiten im Juni 2017 das verunfallte Fahrzeug an die Reparaturwerkstatt. Für das noch zu reparierende Fahrzeug wurde ein Preis von 7.500,00 € vereinbart.
Per Rechnung vom 29.12.2017 berechnete die Werkstatt dem Kläger 8.364,28 € an Bruttoreparaturkosten. Nach einer Rechnungsprüfung bestätigte der Sachverständige die Erforderlichkeit von zumindest 8.090,54 €, sodass dieser Betrag von der Beklagten eingefordert wurde.
Diese berief sich allerdings darauf, dass das verunfallte Fahrzeug unrepariert verkauft worden sei. Demgemäß sei auf Basis Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert abzurechnen. Vom Wiederbeschaffungswert laut Gutachten in Höhe von 10.500,00 € zog die Beklagte die vereinbarten 7.500,00 € ab, sodass lediglich 3.000,00 € an Unfallschaden zur Auszahlung kamen.
Der Kläger begehrte allerdings weiterhin die konkreten Reparaturkosten in Höhe von 8.090,54€, welche letztendlich eingeklagt wurden und von Seiten des LG Weiden vollumfänglich zugesprochen wurden.
Aussage
Das LG Weiden war der Ansicht, dass die Beklagte trotz der Veräußerung des verunfallten Fahrzeugs vor Abschluss der Reparaturarbeiten dem Kläger noch die erforderlichen Reparaturkosten in Höhe von 8.090,54 € schulde. Der Kläger habe in der Hauptverhandlung nachvollziehbar und glaubhaft erklärt, dass er dem Reparaturbetrieb nach wie vor diese Reparaturkosten schulde.
Dem Kläger wäre es selbstverständlich erlaubt gewesen, das Fahrzeug zunächst zu reparieren und es dann zu verkaufen. Bezüglich der Höhe des Verkaufspreises hätte er dann keinerlei Beschränkungen unterlegen.
Es könne aber keinen Unterschied machen, dass der Kläger das Fahrzeug bereits vor der Reparatur veräußerte, solange er das Fahrzeug repariert veräußerte, also gegenüber dem Käufer die Reparaturkosten trage. Der Vorgang sei wirtschaftlich mit dem Fall identisch, in welchem der Kläger das Fahrzeug zunächst reparieren lässt, die Reparatur bezahlt und dann das Fahrzeug weiterverkauft.
Außerdem habe die Beklagte fehlerhaft nicht den Restwert abgezogen, sondern denjenigen Wert, welcher für das reparierte Fahrzeug erzielt wurde. Bei den 7.500,00 € habe es sich gerade nicht um den Restwert des Unfallfahrzeugs gehandelt, sondern um den Händlereinkaufspreis für das fachmännisch instandgesetzte Fahrzeug.
Der ausstehende Fahrzeugschaden wurde vollumfänglich zugesprochen.