Das Prognoserisiko liegt beim Schädiger
AG Fürstenfeldbruck, Urteil vom 04.08.2020, AZ: 4 C 408/20
Hintergrund
Die Parteien streiten um restlichen Schadenersatz nach einem Verkehrsunfall, die Haftung der Beklagten steht dem Grunde nach außer Streit. Der Kläger verlangt restliche Reparatur- sowie Sachverständigenkosten. Der Kläger hat sein Fahrzeug reparieren lassen.
Aussage
Zunächst steht dem Kläger ein Anspruch auf Zahlung restlicher Reparaturkosten in Höhe von 113,46 € zu.
„Gemäß §249 Abs.2 BGB ist im Rahmen des Schadenersatzes der erforderliche Geldbetrag zu ersetzen, d.h. Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte. Der erforderliche Herstellungsbetrag wird dabei nicht nur durch Art und Ausmaß des Schadens, die örtlichen und zeitlichen Gegebenheiten für seine Beseitigung, sondern auch von den Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten des Geschädigten mitbestimmt, so auch durch seine Abhängigkeit von Fachleuten, die er zur Instandsetzung des Unfallfahrzeugs heranziehen muss. Es würde dem Sinn und Zweck des § 249 Abs. 2 BGB widersprechen, wenn der Geschädigte bei Ausübung der ihm durch das Gesetz eingeräumten Ersetzungsbefugnis im Verhältnis zu dem ersatzpflichtigen Schädiger mit Mehraufwendungen der Schadenbeseitigung belastet bleibe, deren Entstehung seinem Einfluss entzogen ist und die ihren Grund darin haben, dass die Schadenbeseitigung in einer fremden, vom Geschädigten nicht kontrollierbaren Einflusssphäre stattfinden muss. Lässt der Geschädigte sein Fahrzeug reparieren, so sind die durch eine Reparaturrechnung der Werkstatt belegten Aufwendungen im Allgemeinen ein aussagekräftiges Indiz für die Erforderlichkeit der angefallenen Reparaturkosten. Die tatsächlichen Reparaturkosten können deshalb regelmäßig auch dann für die Bemessung des erforderlichen Herstellungsaufwands herangezogen werden, wenn diese Kosten ohne Schuld des Geschädigten – etwa wegen überhöhter Ansätze für Material oder Arbeitszeit, wegen unsachgemäßer oder unwirtschaftlicher Arbeitsweise im Vergleich zu dem, was für eine solche Reparatur sonst üblich ist – unangemessen sind (...). Es besteht insofern kein Sachgrund, dem Schädiger das Werkstattrisiko abzunehmen, das er auch zu tragen hätte, wenn der Geschädigte ihm die Beseitigung des Schadens nach §249 Abs.1 BGB überlassen würde.“
Im vorliegenden Fall sind die geltend gemachten Aufwendungen als erforderlich anzusehen, denn sie liegen noch unter dem, was in dem vorgerichtlich eingeholten Sachverständigengutachten als erforderlicher Herstellungsaufwand prognostiziert wurde. Dabei kann es auch dahinstehen, ob die Reparaturrechnung von dem Kläger bereits bezahlt wurde oder nicht.
Der Kläger hat zudem einen Anspruch auf Zahlung restlicher Sachverständigenkosten von 12,85 €. Die Kosten bewegen sich im Rahmen der BVSK-Honorarbefragung 2018, welche gemäß § 287 Abs. 1 ZPO zur Schätzung der üblichen Vergütung herangezogen werden kann. Für Reparaturkosten von 3.374,49 € und einer merkantilen Wertminderung von 450,00 € ergibt sich ein HB V Korridor von 546,00 € bis 589,00 €. Danach entspricht das abgerechnete Honorar dem Mittelwert. Auch die geltend gemachten Nebenkosten sind als angemessen anzusehen.