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Kfz-Haftpflichtschaden und Kürzungen bei konkreten Reparaturkosten und der Wertminderung

AG Baden-Baden, Urteil vom 02.06.2020, AZ: 1 C 347/19

Praxis

Das Urteil des AG Baden-Baden setzt konsequent die Vorgaben des Gesetzes um.

Danach steht dem Geschädigten eine sogenannte Ersetzungsbefugnis zu (§ 249 Abs. 2 S. 1 BGB). Er muss die beschädigte Sache (reparaturbedürftiges Fahrzeug) nicht in die Hände des Schädigers geben, sondern er kann die Schadenbeseitigung selbst durchführen bzw. beauftragen.

Würde der Schädiger selbst die Schadenbeseitigung beauftragen, so müsste er zweifelsohne das Werkstattrisiko tragen. Berechnet also die Werkstatt mehr als notwendig und erforderlich ist, wäre dies ein Problem des Schädigers und nicht des Geschädigten. In diesem Zusammenhang soll die Ersetzungsbefugnis dem Geschädigten nicht zum Nachteil gereichen. Auch hier soll das Risiko – also das sogenannte Werkstatt- und Prognoserisiko – beim Schädiger verbleiben.

Dies kann nicht oft genug betont werden. Die Entscheidung des AG Baden-Baden erscheint vor diesem Hintergrund konsequent und hält sich eng an die gesetzlichen Vorgaben. Praxisnah ist auch die Ausführung dazu, dass einem Geschädigten wohl kaum zugemutet werden kann, einen Regressprozess der Kfz-Werkstatt auf restlichen Werklohn zu riskieren.

Hintergrund

Gegenstand des Verfahrens war ein Verkehrsunfall, bei welchem das Fahrzeug der Klägerin beschädigt wurde. Die Eintrittspflichtigkeit der verklagten Haftpflichtversicherung des Unfallgegners stand fest. Zur Ermittlung des Unfallschadens beauftragte die Klägerin vorgerichtlich ein Haftpflichtschadensgutachten. Dieses kam zu dem Ergebnis, dass die voraussichtlichen Brutto-Reparaturkosten bei 6.502,67 € liegen und zudem eine merkantile Wertminderung in Höhe von 250,00 € verbleibt.

Die Klägerin beauftragte auch die Durchführung der Reparatur auf Basis des Gutachtens bei einem Reparaturbetrieb. Dort wurde das Fahrzeug vollständig sach- und fachgerecht gemäß Gutachten repariert und hierfür 7.559,59 € brutto in Rechnung gestellt.

Die Beklagte bezahlte gemäß Schreiben vom 06.08.2019 lediglich 6.174,28 € auf die Reparaturkosten und auf die Wertminderung 200,00 €. Die streitgegenständliche Differenz forderte die Klägerin hierauf vor dem AG Baden-Baden ein. Die Klage war zum überwiegenden Teil begründet.

Aussage

Das AG Baden-Baden betonte das Recht der Klägerin als Geschädigte, die Erstattung der objektiv erforderlichen Reparaturkosten gemäß §§ 249 ff. BGB von der Beklagten verlangen zu können. Gefordert werden könnten die erforderlichen Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage der Geschädigten machen würde. Es komme auf die individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten der Klägerin an.

Weiterhin betonte das AG Baden-Baden, dass es dem Sinn und Zweck des § 249 BGB widersprechen würde, wenn die Geschädigte bei der Wiederherstellung des vorherigen Zustands im Verhältnis zum ersatzpflichtigen Schädiger mit Mehraufwendungen der Schadenbeseitigung belastet bliebe, deren Entstehung ihrem Einfluss entzogen seien und ihren Grund darin hätten, dass die Schadenbeseitigung in einer fremden, von der Geschädigten nicht mehr kontrollierbaren Einflusssphäre stattfinde. Das sogenannte Werkstatt- bzw. Prognoserisiko liege hier beim Schädiger.

Dies gelte sogar dann, wenn die Werkstatt der Geschädigten unnötige Arbeit in Rechnung stelle, überhöhte Preise ihrer Arbeitszeiten in Ansatz bringe, oder (gegebenenfalls sogar betrügerisch) Arbeiten berechne, die nicht oder nicht in dieser Weise ausgeführt worden seien. Die Geschädigte genüge ihrer Darlegungslast zur Schadenhöhe regelmäßig durch die Vorlage der Rechnung.

Die tatsächliche Rechnungshöhe bilde nach § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung erforderlichen Betrags. Nach Ansicht des AG Baden-Baden gilt dies nur nicht bei Preisvereinbarungen, welche für den Geschädigten deutlich erkennbar erheblich über den üblichen Preisen lägen.

Im konkreten Fall betonte das Gericht, dass sich die konkreten Reparaturkosten im Bereich der vom Gutachter prognostizierten Beträge bewegten. Der Klägerin sei es auch nicht zumutbar, sich einem eventuellen Regressprozess der Werkstatt des Vertrauens der Klägerin, auszusetzen. Mit dieser möchte sie auch zukünftig ein unbelastetes Geschäftsverhältnis pflegen.

Bezüglich der merkantilen Wertminderung sprach das AG Baden-Baden weitere 25,00 € zu und schätzte hierbei gemäß § 287 ZPO die gesamte Wertminderung auf 225,00 €.

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