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BGH bestätigt Schadensersatzanspruch gegen VW aufgrund sittenwidriger Schädigung

BGH, Urteil vom 25.05.2020, AZ: VI ZR 252/19

Praxis

Schon vor der nunmehr vorliegenden höchstinstanzlichen Entscheidung des BGH, entschieden viele Gerichte zugunsten der Käufer und nahmen eine sittenwidrige Schädigung seitens des Herstellers an. Das Urteil des BGH sorgt dahingehend nunmehr für Rechtssicherheit. Die Rechtsprechung in den unterschiedlichen OLG-Bezirken dürfte sich angleichen, die Entscheidungen mithin einheitlicher ausfallen.

Umgekehrt steht nunmehr allerdings auch fest, dass sich Käufer, obwohl ein Schadenersatzanspruch aus sittenwidriger Schädigung in Höhe des entrichteten Kaufpreises besteht, gezogene Nutzungsvorteile anrechnen lassen müssen. Dies resultiert aus dem schadenersatzrechtlichen Grundsatz des Bereicherungsverbots. Der Geschädigte soll nicht besserstehen, wie er ohne das schädigende Ereignis stünde. Dann hätte er allerdings den im Lauf der Jahre eintretenden Wertverlust seines Fahrzeuges hinnehmen müssen.

Es bleibt nunmehr abzuwarten, wie sich die Entscheidung des BGH in der Praxis auswirkt. Wichtig ist, dass die Entscheidung gegenüber dem Hersteller erging, gegenüber den Händlern allerdings ein Anspruch aus sittenwidriger Schädigung regelmäßig nicht bestehen dürfte. Dahingehend findet auch keine Zurechnung von arglistigem Verhalten statt.

Hintergrund

Der BGH hat nunmehr mittels Urteils in einem sogenannten „Dieselfall“ entschieden. Der Käufer erwarb das streitgegenständliche Fahrzeug am 10.01.2014 zu einem Preis von 31.490,00 € brutto. Erworben wurde von einem Autohändler. Es lag ein Gebrauchtwagenkauf vor. Der VW Sharan 2.0 TDI war mit dem Dieselmotor des Typs EA189, Schadstoffnorm Euro 5, ausgestattet. Bei Kauf betrug der Kilometerstand 20.000 km.

Nach dem Bekanntwerden des sogenannten „Dieselskandals“ in der Presse im September 2015 erhob der Kläger gegen VW zunächst Klage vor dem LG Bad Kreuznach (AZ: 2 O 250/17). Dieses wies die Klage ab. Das OLG Koblenz (AZ: 5 U 1318/18) verurteilte hingegen den verklagten Hersteller VW zur Rückzahlung von 25.616,10 € zzgl. Zinsen, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs.

Hiergegen wandte sich die Beklagte mit der Revision und unterlag. Allerdings blieb auch die Revision des Klägers, mit welcher dieser die vollständige Erstattung des Kaufpreises ohne Anrechnung einer Nutzungsentschädigung verfolgte, ohne Erfolg.

Aussage

Der BGH bestätigte, dass auf Seiten der Beklagten eine Schadensersatz auslösende vorsätzliche sittenwidrige Schädigung gemäß §§ 826, 31 BGB vorlag. Auf Grundlage einer für ihren Konzern getroffenen grundlegenden strategischen Entscheidung bei der Motorentwicklung habe die Beklagte im eigenen Kosten- und damit auch Gewinninteresse eine bewusste und gewollte Täuschung des Kraftfahrtbundesamts begangen.

In Folge seien langjährig und in Bezug auf den Dieselmotor der Baureihe EA 189 in siebenstelligen Stückzahlen in Deutschland Fahrzeuge in den Verkehr gebracht worden, deren Motorsteuerungssoftware bewusst und gewollt so programmiert war, dass die gesetzlichen Abgasgrenzwerte mittels einer unzulässigen Abschalteinrichtung nur auf dem Prüfstand eingehalten worden seien. Folge war einerseits eine erhöhte Belastung der Umwelt mit Stickoxiden und andererseits die Gefahr, dass bei einer Aufdeckung dieses Sachverhalts eine Betriebsbeschränkung oder -untersagung bezüglich der betroffenen Fahrzeuge drohte. Darin sah der BGH klar ein gegenüber einem Käufer besonders verwerfliches und mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht zu vereinbarendes Verhalten.

Der Beklagten sei das Verhalten der in ihrem Hause für die Motorentwicklung verantwortlichen Personen, namentlich dem vormaligen Leiter der Entwicklungsabteilung und den für die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten der Beklagten verantwortlichen vormaligen Vorständen, zurechenbar. Der Schaden des Klägers liege darin, dass er eine ungewollte vertragliche Verpflichtung eingegangen sei. Er habe ein Fahrzeug erhalten, das für seine Zwecke nicht voll brauchbar war.

Demgemäß könne der Kläger auch die Rückerstattung des Kaufpreises verlangen, müsse sich allerdings Nutzungsvorteile anrechnen lassen. Der BGH rechtfertigte dies mit dem schadenersatzrechtlichen Grundsatz des Bereicherungsverbots. Der Geschädigte dürfe nicht bessergestellt werden, als er ohne den ungewollten Vertragsschluss stünde.

Telefon 0800 500 50 25

 
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