Erstattung von Mietwagenkosten, strittige Anmietdauer
AG Tübingen, Urteil vom 23.01.2020, AZ: 12 C 368/19
Praxis
Häufig wird vor Gericht verkannt, dass der Geschädigte bei einer Klage auf restlichen Schadenersatz keine Forderung aus Miete geltend macht. Er kann den erforderlichen Wiederherstellungsaufwand verlangen.
Selbst wenn also die Werkstatt bei der Reparatur – aus welchen Gründen auch immer – länger braucht, kann dies dem Geschädigten grundsätzlich nicht zugerechnet werden. Er kann dann auch die Kosten für die verlängerte Anmietung erstattet verlangen – dies allerdings in den Grenzen des sogenannten Auswahl- und Überwachungsverschuldens. Beauftragt er allerdings eine Fachwerkstatt mit der Durchführung der Reparatur, so kann ihm auch regelmäßig kein Auswahlverschulden vorgeworfen werden.
Hintergrund
Der Kläger forderte vor dem AG Tübingen Mietwagenkosten aus einem Verkehrsunfall vom 10.11.2018, welchen er nicht verschuldet hatte. Dies war zwischen den Parteien unstreitig. Der verunfallte Golf Variant hatte durch den Unfall einen Heckschaden in Form einer verbogenen Hinterstoßstange, einer beschädigten Heckklappe und einer Stauchung des Hecks erlitten. Auch die Anhängerkupplung war beschädigt worden. Die Beschädigungen waren hierbei so massiv, dass das Fahrzeug auf die Richtbank musste.
Die Besichtigung des Fahrzeugs durch einen Sachverständigen fand am 14.11.2018 statt. Das Schadengutachten datierte vom 16.11.2018 und enthielt ermittelte Reparaturkosten in Höhe von 9.612,61 €. Die Reparaturdauer betrage acht bis zehn Tage. Noch am 16.11.2018 beauftragte der Kläger das Autohaus mit der Durchführung der Reparatur. Am gleichen Tag erhielt er den Mietwagen gestellt. Allerdings dauerte die Reparatur bis zum 20.12.2018, sie war zeitweilig für mehr als eine Woche unterbrochen. Die Hintergründe dafür konnten vor Gericht nicht aufgeklärt werden.
Der Kläger holte sein Fahrzeug am 22.12.2018 ab und verlangte von der beklagten unfallgegnerischen Haftpflichtversicherung Mietwagenkosten in Höhe von 1.842,12 € für 34 Tage. Die Beklagte anerkannte für 14 Tage lediglich 716,38 €, sodass Klage geboten war. Diese war vollumfänglich erfolgreich.
Aussage
Das AG Tübingen stellte fest, dass der Geschädigte vom Schädiger den zur Wiederherstellung erforderlichen Geldbetrag fordern könne. Der Geschädigte habe auch grundsätzlich Anspruch auf die Kosten für die Anmietung einer gleichwertigen Sache.
Grundsätzlich beschränke sich die Dauer der Anmietung auf die für die Reparatur oder Ersatzbeschaffung notwendige Zeit. Es sei allerdings höchstrichterlich anerkannt, dass sich die Ersatzpflicht des Schädigers auch auf die Mehrkosten beziehe, die ohne Schuld des Geschädigten durch unsachgemäße Maßnahmen der von ihm beauftragten Werkstatt verursacht worden seien.
Im konkreten Fall ging das Gericht davon aus, dass der Kläger alles getan hatte, was von ihm von der Beklagten erwartet werden konnte. Er habe sich unverzüglich nach dem Verkehrsunfall um die Begutachtung des beschädigten Kraftfahrzeugs gekümmert und sich sodann auch nach kurzer, nicht zu beanstandender Dauer für eine Reparatur beim Autohaus entschieden. Der Kläger habe auch dargelegt, dass er seinerseits den Reparaturprozess durch mehrere Anrufe beim Autohaus begleitet habe. Ein Verstoß gegen Schadenminderungspflichten lag also nicht vor. Die Verlängerung der Reparaturdauer habe der Kläger nicht zu vertreten.