Ortsüblicher Normaltarif für Mietwagen ist anhand Schwacke zu ermitteln
AG Köln, Urteil vom 13.02.2020, AZ: 270 C 221/19
Praxis
Das AG Köln bleibt seiner Rechtsprechung treu und bestätigt den Schwacke- Automietpreisspiegel als alleinige und geeignetere Schätzgrundlage. Obwohl im konkreten Fall noch am Unfalltag angemietet worden war, sah das AG Köln allerdings keine Umstände als gegeben an, welchen einen pauschalen Aufschlag gerechtfertigt hätten. Einer Schätzung anhand des Fraunhofer-Marktpreisspiegels bzw. auch einer Schätzung anhand des Mittelwerts zwischen Schwacke und Fraunhofer erteilte das Gericht eine klare Absage.
Hintergrund
Der Kläger erlitt am 10.10.2018 unverschuldet einen Verkehrsunfall. Er mietete noch am Unfalltag bis zum 06.11.2018 ein Ersatzfahrzeug an. Für 28 Anmiettage, welche unstreitig waren, berechnete die Autovermietung 2.986,39 €.
Jedoch bezahlt die beklagte unfallgegnerische Haftpflichtversicherung, deren Eintrittspflichtigkeit ebenfalls unstreitig war, lediglich 1.113,08 €.
Die Differenz in Höhe von 1.873,82 € machte der Kläger vor dem AG Köln geltend und gewann überwiegend. Es wurden weitere Mietwagenkosten in Höhe von 1.425,39 € zugesprochen.
Aussage
Das AG Köln betonte die Möglichkeit des angerufenen Gerichts, den ortsüblichen Normaltarif gemäß § 287 ZPO zu schätzen. Zur Schadenschätzung zog das AG Köln den Schwacke- Automietpreisspiegel heran. Eine Mittelwertschätzung anhand der Ergebnisse sowohl des Fraunhofer-Marktpreisspiegels als auch des Schwacke-Automietpreisspiegels lehnte das Gericht klar ab und führte hierzu aus:
„Denn dies würde zum einen die verschiedenen Schätzgrundlagen, die nach unterschiedlichen Methoden entwickelt worden sind, in unzulässiger Weise vermischen. Zum anderen ist das arithmetische Mittel nicht der Preis, den der Geschädigte erfragen kann.“
Zu den Vorteilen des Schwacke-Automietpreisspiegels führte das AG Köln aus:
„Für die Schätzgrundlage der Schwacke-Liste sprechen folgende Erwägungen: bei der Bildung der gewichteten Mittelwerte bzw. Moduswerte orientiert sich diese an den tatsächlichen Marktverhältnissen, wobei die Schwacke-Organisation als neutrale Sachverständigenorganisation auftritt. Es werden sowohl als Moduswert die häufigsten Nennungen herangezogen als auch in Gestalt des arithmetischen Mittels ein Mittelwert aus allen Nennungen gebildet. Ferner werden auch der minimale-maximale Preis genannt. Weiter werden bei der Datensammlung bewusst auf unzuverlässige und nicht reproduzierbare telefonische Erhebungen und auch auf Internetrecherche verzichtet, vielmehr nur schriftliche Preislisten ausgewertet, die frei zugänglich sind. Die Schwacke-Liste wird regelmäßig neuen Entwicklungen angepasst, wobei nicht nur die aktuellen Preislisten ausgewertet, sondern auch neuere Marktentwicklungen berücksichtigt werden.“
Bezüglich des Fraunhofer-Marktpreisspiegels verwies das AG Köln auf die zahlreichen Mängel – wie das geringere Ausmaß der Datenerfassung, die geringere örtliche Genauigkeit sowie eine gewisse „Internetlastigkeit“. Weiterhin seien bei den Erhebungen des Fraunhofer- Mietpreisspiegels hinsichtlich des Anmietzeitpunkts weder individuelle Ferieneinflüsse noch Sondertarife oder Ähnliches berücksichtigt worden und auch nicht in die Durchschnittspreise eingeflossen. Auch kritisierte das AG Köln den Umstand, dass jeweils ein etwa eine Woche in der Zukunft liegender Anmietzeitpunkt ausgewählt worden war.
Auf Beklagtenseite sei auch nicht der Beweis konkreter günstigerer Angebote im benannten Zeitraum geführt worden. Den Verweis auf ein Angebot der Firma Europcar sah das Gericht als nicht ausreichend an. Dieses habe sich auf einen anderen Zeitraum bezogen (November 2019) und es habe nicht festgestanden, dass dem Kläger dieses Angebot auch im Oktober 2018 zur Verfügung gestanden hätte. Es sei gerichtsbekannt, dass die Preise im Internet je nach Auslastung des Fuhrparks stark variierten. Weiterhin sei das Angebot nicht hinreichend konkret gewesen.
Einen Eigenersparnisabzug nahm das AG Köln in Höhe von 10 % vor. Einen pauschalen Aufschlag in Höhe von 20 % auf den so ermittelten Normaltarif akzeptierte es allerdings nicht. Ein solcher Aufschlag käme zwar grundsätzlich in Betracht, im konkreten Fall sah das Gericht allerdings die Voraussetzungen als nicht gegeben an.