Mietwagenkosten – kein Eigenersparnisabzug bei kurzer Anmietung, Erstattbarkeit von Nebenkosten
AG Offenbach am Main, Urteil vom 12.12.2019, AZ: 32 C 82/19
Praxis
Das AG Offenbach folgt der verbreiteten Rechtsprechung der Schätzung erforderlicher Mietwagenkosten anhand des Mittelwerts zwischen den Ergebnissen des Schwacke- Automietpreisspiegels und des Fraunhofer-Marktpreisspiegels. Zu kritisieren ist an dieser Schätzmethode allerdings, dass das Ergebnis nicht auf empirischen Daten beruht und damit eine gewisse Willkürlichkeit aufweist.
Die Herangehensweise und Methodik der Schätzgrundlagen sind höchst unterschiedlich, sodass sich eine einfache Vermischung beider Werte verbietet. Das hierdurch gewonnene Ergebnis ist zufällig, beliebig und stellt gerade nicht die Marktsituation vor Ort dar, wie sie sich dem Geschädigten in seiner Situation tatsächlich darstellt.
Interessant für die Praxis ist die Aussage des Gerichts, dass bei einer derart kurzen Anmietdauer keinerlei Eigenersparnisabzug vorzunehmen ist. Selbst wenn also der Geschädigte klassengleich anmietet bzw. Mietwagenkosten bezogen auf eine Fahrzeugklasse gleich dem verunfallten Fahrzeug fordert, muss er sich einen Eigenersparnisabzug nicht gefallen lassen. Außerdem kann er zusätzlich erbrachte Wahlleistungen erstattet verlangen.
Hintergrund
Der Kläger machte restlichen Schadenersatz in Form gekürzter Mietwagenkosten resultierend aus einem Verkehrsunfall vom 30.07.2018 geltend. Hierbei stand die Eintrittspflichtigkeit der verklagten unfallgegnerischen Haftpflichtversicherung dem Grunde nach fest. Die eingeklagte Differenz betrug 269,81 €. Diese wurde auch zugesprochen. Die Beklagte hatte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Aussage
Als Schätzgrundlage wählte das AG Offenbach das arithmetische Mittel zwischen den Werten des Schwacke-Automietpreisspiegels und des Fraunhofer-Marktpreisspiegels. Hier verwies es auf die Rechtsprechung der zuständigen Berufungskammer (LG Darmstadt, Entscheidung vom 21.07.2017, AZ: 6 S 38/17) der Schätzung erforderlicher Mietwagenkosten anhand des Mittelwerts. Durch die Berechnung des Mittelwerts würden die bestehenden Schwächen beider Listen ausgeglichen.
Nachdem der Mietwagen lediglich für fünf Tage angemietet worden war und die Laufleistung lediglich 195 km betrug, sah das Gericht davon ab, einen 10 %-igen Eigenersparnisabzug vorzunehmen. Bei einer derart kurzen Anmietdauer und vor dem Hintergrund der lediglich zurückgelegten Strecke liege keine die Erheblichkeitsschwelle überschreitende Eigenersparnis vor.
Auch zusätzliche Kosten für die Wahlleistungen sprach das AG Offenbach zu. Diese seien ausdrücklich im Mietvertrag in der rechten Spalte aufgeführt. Außerdem habe die Klägerseite hierzu substantiiert vorgetragen.
Der Kläger sei auch nicht verpflichtet gewesen, vor dem Hintergrund der Anmietung am 13.08.2018 nach dem Unfall vom 30.07.2018 sich nach günstigeren Angeboten zu erkundigen. Vorliegend mache der Kläger keinen erhöhten Unfalltarif geltend. Nach dem Mischtarif Fracke ergebe sich vielmehr ein Normaltarif. Nur wenn der Geschädigte nach seinen Erkenntnismöglichkeiten wahrnehme, dass der angebotene Tarif erheblich über dem Üblichen liege, bestehe eine Pflicht zur Suche nach günstigeren Anmietmöglichkeiten.