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Werkstattrisiko liegt beim Schädiger

AG Ulm, Urteil vom 05.03.2018, AZ: 6 C 1741/17

Praxis

Auch das AG Ulm ist der Ansicht, dass das Werkstattrisiko beim Schädiger liegt. Ein Prüfbericht ist nicht geeignet, dem Geschädigten ein von ihm eingeholtes Sachverständigengutachten in Zweifel zu ziehen.

Hintergrund

Die Parteien streiten um restliche Reparaturkosten nach einem Verkehrsunfall. Der Kläger hatte nach dem Unfallereignis ein Sachverständigengutachten eingeholt, das Reparaturkosten in Höhe von 4.432,52 € prognostizierte. Der Kläger ließ sein Fahrzeug sodann reparieren, es entstanden Kosten in Höhe von 4.865,35 €. Die beklagte Haftpflichtversicherung regulierte nur anteilig und verwies auf den Prüfbericht, den sie der Klägerin vor Erteilung des Reparaturauftrages zugesandt wurde. In diesem wurden die Positionen

  • elektrische / elektronische Systeme prüfen
  • Gurtstraffer auf Funktion prüfen
  • Vorbereitungsarbeit/Farbton mit Mischanlage herausmischen
  • Sicherheitsmaßnahme vor der Ofentrocknung durchführen
  • Fahrzeugverbringung durchführen

gekürzt, obwohl diese Positionen auch im Gutachten des Sachverständigen zu finden waren.

Aussage

Soweit die Beklagte einwendet, die abgerechneten Kostenpositionen seien nicht berechtigt, ist dies nach Ansicht der erkennenden Gerichts unerheblich. Der Kläger kann von der Beklagten die Kosten ersetzt verlangen, die ihm nach Durchführung der Reparatur von der Werkstatt in Übereinstimmung mit dem Gutachten in Rechnung gestellt wurden.
„Es würde dem Sinn und Zweck des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB widersprechen, wenn der Geschädigte bei der Ausübung der Ersetzungsbefugnis im Verhältnis zu dem ersatzpflichtigen Schädiger mit Mehraufwendungen der Schadensbeseitigung belastet bliebe, deren Entstehung seinem Einfluss entzogen ist und die ihren Grund darin haben, dass die Schadensbeseitigung in einer fremden, vom Geschädigten nicht mehr kontrollierbaren Einflusssphäre stattfinden muss (BGHZ 63, 182, 185). Insofern geht das Werkstattrisiko zu Lasten des Schädigers (BGHZ 63, 182, 185; BGH NJW 1992, 302, 303). Es macht dabei keinen Unterschied, ob die Werkstatt dem Geschädigten unnötige Arbeiten in Rechnung stellt, überhöhte Preise oder Arbeitszeiten in Ansatz bringt oder Arbeiten berechnet, die in dieser Weise nicht ausgeführt worden sind (OLG Hamm, Az. 9U168/94, Urteil vom 31.01.1995, Beck RS 1995, 01930). Solange dem Geschädigten nicht ausnahmsweise bezüglich des beauftragten Sachverständigen oder der beauftragten Werkstatt ein Ausfallverschulden zur Last fällt, sind ihm die Kosten zu erstatten, die er aufgrund des Gutachtens als notwendig ansehen und von denen er nach erfolgter Reparatur aufgrund der gestellten Werkstattrechnung annehmen darf, dass er sie als Auftraggeber schuldet“

Vorliegend liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass den Kläger ein solches Auswahlverschulden trifft.

Weiter führt das AG Ulm aus:
„Dass die Beklagte den Prüfbericht vom 04.11.2016, in dem die streitgegenständlichen Kürzungen jedenfalls teilweise schon enthalten waren, dem Kläger zukommen ließ, bevor dieser dem Autohaus ... den Reparaturauftrag auf Grundlage des von ihm eingeholten Sachverständigengutachtens erteilte, führt nicht zu einem Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht. Abgesehen davon, dass bezüglich der Fahrzeugverbringung dort nur aufgeführt ist, diese würden vom regulierenden Versicherer erst nach Erbringung eines entsprechenden Nachweises übernommen, kann nur ein Gegengutachten und nicht ein von einer nicht einmal namentlich benannten Person verfasster Prüfbericht dazu führen, dass der Geschädigte an dem von ihm eingeholte Sachverständigengutachten ernsthafte Zweifel haben muss und sich deshalb nicht mehr darauf verlassen darf.“

Telefon 0800 500 50 25

 
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