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Anspruch eines Neuwagenkäufers auf Ersatzlieferung eines mangelfreien Fahrzeugs

BGH, Urteil vom 24.10.2018, AZ: VIII ZR 66/17

Praxis

Der BGH entschied in seinem Urteil, dass der Kläger grundsätzlich einen Anspruch auf Ersatzlieferung eines Neuwagens hat. Diesem Anspruch stehe nicht entgegen, dass die Nachlieferung deutlich höhere Kosten verursache als die Nachbesserung. Denn dem Mangel komme erhebliche Bedeutung zu.
Die Vorinstanz muss nunmehr noch abklären, ob auf die andere Art der Nacherfüllung nicht ohne erhebliche Nachteile für den Kläger zurückgegriffen werden könne. Zu dieser Frage hätte die Vorinstanz ein ergänzendes Sachverständigengutachten einholen müssen.

Hintergrund

Die Parteien streiten um die Lieferung eines mangelfreien BMW X3 xDrive20. Der Kläger hatte eben dieses Modell 2013 bei der Beklagten zum Preis von 38.265,00 € gekauft, der Neuwagen wurde im September 2013 geliefert. Das Fahrzeug ist mit einem Schaltgetriebe sowie einer Software ausgestattet, die bei drohender Überhitzung der Kupplung eine Warnmeldung einblendet. Ab Januar 2014 erschien im Display des Fahrzeugs mehrfach eine Wahnmeldung, wonach der Fahrer das Auto langsam anhalten und sodann bis zu 45 Minuten abkühlen lassen solle. Nachdem die Warnmeldung auch nach mehreren Werkstattaufenthalten in einer Niederlassung der Beklagten wiederholt aufgetreten war, verlangte der Kläger im Juni 2014 von der Beklagten Lieferung eines mangelfreien Pkw.

Die Beklagte führte dagegen an, dass überhaupt kein Mangel vorliege. Sie habe dem Kläger mehrfach mitgeteilt, dass die Kupplung einwandfrei sei und auch im Fahrbetrieb abkühlen könne, ein Anhalten und Abstellen des Pkw sei nicht erforderlich. Während des anschließend geführten Rechtsstreits gab der Kläger sein Fahrzeug im Rahmen eines Kundendienstes in eine Werkstatt der Beklagten. Die Beklagte behauptet, dabei sei ein mittlerweile verfügbares Software-Update aufgespielt worden, dass eine korrigierte Warnmeldung enthielte. Das OLG Nürnberg (AZ: 14 U 199/16) hatte dem Kläger einen Anspruch auf Ersatzlieferung zugesprochen, mit der zugelassenen Revision beim BGH verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Aussage

Nach Ansicht des BGH wies das Fahrzeug des Klägers bei Übergabe im September einen Sachmangel auf. Die Software der Kupplungsüberhitzungsanzeige blendete eine Warnmeldung ein, die den Fahrer zum Anhalten aufforderte, obwohl ein Anhalten tatsächlich nicht erforderlich war.

Dem geltend gemachten Anspruch auf Nacherfüllung stehe auch nicht entgegen, dass der Kläger gegebenenfalls zunächst eine andere Art der Nacherfüllung – nämlich die Beseitigung des Mangels (§ 439 Abs.1 Alt.1 BGB) – verlangt hat. Die Ausübung des Nacherfüllungsanspruchs ist gesetzlich nicht als bindende Gestaltungserklärung ausgeformt, sodass der Käufer von seiner zunächst gewählten Form der Nachbesserung wieder Abstand nehmen kann.

Der BGH führt in seiner Pressemitteilung weiter aus:
„Außerdem darf ein Käufer auch dann an seiner Wahl der Nacherfüllung durch Ersatzlieferung festhalten wenn der Mangel nachträglich ohne sein Einverständnis beseitigt wird. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob die Beklagte – wie sie behauptet – den irreführenden Warnhinweis während des Rechtstreits durch Aufspielen einer korrigierten Version der Software beseitigt hat. Denn der Kläger hatte einer solchen Nachbesserung der routinemäßigen Inspektion im Oktober 2014 weder ausdrücklich noch konkludent zugestimmt. Das Berufungsgericht hat das Vorliegen der geltend gemachten Unverhältnismäßigkeit im vorliegenden Fall verneint. Dabei hat es zunächst zutreffend berücksichtigt, dass vorliegend die Kosten der Ersatzlieferung zwar deutlich höher seien als die Kosten der Nachbesserung durch ein Software-Update, dem Mangel aber erhebliche Bedeutung zukomme, weil er die Gebrauchsfähigkeit des Fahrzeugs spürbar einschränke. Insoweit ist wiederum ohne Einfluss, ob die Beklagte (wie sie behauptet), die Einblendung der irreführenden Warnmeldung im Oktober 2014 durch das Aufspielen einer korrigierten Software beseitigt hat. Denn für die Beurteilung der relativen Unverhältnismäßigkeit der gewählten Art der Nacherfüllung ist grundsätzlich der Zeitpunkt des Zugangs des Nacherfüllungsverlangens maßgeblich.

Nicht tragfähig ist allerdings – jedenfalls auf Grundlage der bisher festgestellten Tatsachen – die weitere Annahme des Berufungsgerichts, auf die andere Art der Nacherfüllung könne nicht ohne erhebliche Nachteile für den Kläger zurückgegriffen werden (§ 439 Abs. 3 Satz 2 Alt.3 BGB aF). Insoweit hat der Bundesgerichtshof zwar den Ausgangspunkt des Berufungsgerichts gebilligt, dass der auf Ersatzlieferung in Anspruch genommene Verkäufer den Käufer nicht unter Ausübung der Einrede der Unverhältnismäßigkeit auf Nachbesserung verweisen darf, wenn er den Mangel nicht vollständig, nachhaltig und fachgerecht beseitigen kann. Ob dies vorliegend allerdings der Fall ist, lässt sich (noch) nicht beurteilen. Insoweit hätte das Berufungsgericht – im Wege eines (ergänzenden) Sachverständigengutachtens – der Behauptung der Beklagten nachgehen müssen, ob die Warnfunktion bei Überhitzen der Kupplung durch das genannte Software-Update tatsächlich mit einem korrigierten Warnhinweis verknüpft wird und nicht – wie es das Berufungsgericht für möglich gehalten hat – schlicht abgestellt worden ist.“
Wegen dieses Verfahrensfehlers hat der Senat das Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

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