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Nutzungsausfall auch bei Ausfall eines Motorrads möglich

BGH, Urteil vom 23.01.2018, AZ: VI ZR 57/17

Praxis

Der Einspruch auf Nutzungsausfallersatz stellt eine Ausnahme von dem Grundsatz dar, dass immaterielle Schäden nur ausnahmsweise, sofern gesetzlich geregelt, ersetzt werden.

Wird ein Motorrad nur zu Freizeitzwecken genutzt, so besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Nutzungsausfall. Handelt es sich bei dem Motorrad allerdings tatsächlich um das einzige Kraftfahrzeug, welches zur Aufrechterhaltung der Mobilität zur Verfügung steht, so kann ebenso wie bei einem Pkw ein Anspruch auf Nutzungsausfall bestehen. Für den Anwalt des Geschädigten gilt es demnach zu beachten, dass bei der Geltendmachung von Nutzungsausfall die für den Anspruch relevanten Punkte vorgetragen und unter Beweis gestellt werden.

Hintergrund

Am 05.09.2014 beschädigte der Beklagte das Motorrad des Klägers (eine Honda CBF 1000), welches der Kläger nicht ganzjährig, sondern lediglich in der Zeit von März bis Ende Oktober zuließ. Beklagtenseits wurde die Haftung dem Grunde nach anerkannt.

Der von der Haftpflichtversicherung des Beklagten beauftragte Sachverständige besichtigte das Motorrad am 30.09.2014. Dessen Gutachten ging dem Kläger am 11.10.2014 zu und der Kläger ließ am 13.12.2014 sein Motorrad instand setzen, sodass die Fahrbereitschaft wiederhergestellt war.

Auf Seiten der Haftpflichtversicherung des Beklagten wurden die Kosten der Notreparatur in Höhe von 93,00 € beglichen. Für Nutzungsausfall bezahlte die Versicherung 25,00 €. Der Kläger wollte allerdings Nutzungsausfall für den Zeitraum vom 05.09.2014 bis 14.10.2014 – mithin für 40 Tage à 45,00 € = 1.800,00 €.

Die Differenz in Höhe von 1.775,00 € forderte der Kläger vor Gericht ein. Bezüglich des Nutzungsausfalls wiesen sowohl das AG Tostedt (AZ: 4 C 80/16) als auch das LG Stade (AZ: 5 S 44/16) als Vorinstanzen die Klage ab. Der BGH als Revisionsinstanz hob das Berufungsurteil auf und verwies an das LG Stade mit weiteren Hinweisen zurück.

Aussage

Zur Frage, ob für den Ausfall eine Motorrads Nutzungsersatz verlangt werden kann, stellte der BGH fest, dass die Gebrauchsmöglichkeit des Motorrads, das dem Kläger als einziges Kraftfahrzeug zur Verfügung stand, als geldwerter Vorteil anzusehen sei, sodass der vorrübergehende Entzug einen Vermögensschaden darstelle.

Der Um stand, dass der Kläger sein Motorrad nur bei günstigen Witterungsbedingungen nutze, spiele erst im Rahmen der konkreten Schadenbetrachtung bei der Frage eine Rolle, ob der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum – auch im Hinblick auf die Wetterlage – zu r Nutzung willens und in der Lage gewesen wäre. Die hierzu erforderlichen Feststellungen seien noch nicht getroffen worden.

Weiterhin wies der BGH vor dem Hintergrund der nur ausnahmsweisen Ersetzbarkeit von immateriellen Schäden darauf hin, dass er für den Nutzungsausfall von zahlreichen Gegenständen eine Verpflichtung des Schädigers zur Schadenskompensation verneint habe (so für: Wohnmobil, Motorsportboot, Wohnwagen, privates Schwimmbad, Pelzmantel). Bezüglich des ausgefallenen Motorrads sah der BGH dies allerdings anders. Wenn ein Kraftfahrzeug reinen Freizeitzwecken diene, so sei ein Nutzungsausfall nicht geschuldet.

Bezüglich des Motorrads stellte der BGH fest, dass es darauf ankomme, ob der Geschädigte dieses neben einem vorhandenen Pkw quasi nur zur Ausübung seines Hobbys nutze – dann besteht kein Anspruch auf Nutzungsausfall – oder ob das Motorrad dem Geschädigten als e inziges zur Verfügung stehendes Kraftfahrzeug nicht ausschließlich zu Freizeitzwecken genutzt wird – dann ist ein Anspruch auf Nutzungsausfall denkbar.

Der BGH sah also grundsätzlich einen Anspruch auf Nutzungsersatz auch bei Ausfall eines Motorrads als gegeben an. Daran änderte auch der Umstand nichts, dass das Fahrzeug nur saisonal zugelassen wird.

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