zurück zur Übersicht

Gebrauchtwagenverkauf und Vorliegen eines Umgehungsgeschäfts, Sachwalterhaftung des Verkäufers

OLG Brandenburg, Urteil vom 09.07.2019, AZ; 6 U 11/19

Praxis

Das Urteil des OLG Brandenburg enthält wichtige Aussagen für die Praxis des Gebrauchtwagenverkaufs.

Liegt ein sogenanntes Agenturgeschäft vor – also ein Verkauf im Auftrag und für Rechnung des Kunden – so ist es möglich, Ansprüche aus Sachmangel gänzlich auszuschließen. Behauptet ein Käufer, der sich auf Sachmangelansprüche berufen will, dass ein bloßes Umgehungsgeschäft vorliegt, um Ansprüche gegen den Kfz-Betrieb geltend machen zu können, so ist der Käufer für diesen Umstand vollumfänglich darlegungs- und beweisbelastet.

Im konkreten Fall war bereits der Vortrag auf Klägerseite nicht ausreichend, um ein solches Umgehungsgeschäft beweisen zu können.

Praxisrelevant ist auch die Aussage, dass der Gebrauchtwagenverkäufer als sogenannter Sachwalter auch dann haftet, wenn zwar ein Kunde verkauft, der Käufer allerdings gerade auch dem Händler gegenüber ein besonderes, über die normale Verhandlungsloyalität hinausgehendes Vertrauen entgegenbringt und erwartet. Auch hier ist allerdings grundsätzlich der Käufer darlegungs- und beweisbelastet.

Beide Umstände konnte der Kläger im konkreten Rechtsstreit nicht nachweisen, sodass die Klage abzuweisen und die Berufung zurückzuweisen war.

Hintergrund

Der Kläger begehrte zunächst vor dem LG Cottbus (Urteil vom 13.12.2018, AZ: 2 O 340/18) Wertminderung aus Sachmangel in Höhe von 7.000,00 €. Er hatte diesbezüglich die Beklagte in Anspruch genommen und behauptet, von dieser einen Gebrauchtwagen erworben zu haben. Der Kaufvertrag aus dem Jahre 2018 wies allerdings eine männliche Person als Verkäufer aus und nicht die Beklagte.

Der Kläger behauptete sodann erstinstanzlich, die männliche Person hätte in Vollmacht für die Beklagte gehandelt bzw. die Beklagte habe gegen das Umgehungsverbot des § 475 Abs. 1 S. 2 BGB a.F., § 476 Abs. 1 S. 2 BGB n.F. verstoßen.

Nachdem die Klage vor dem LG Cottbus erfolglos blieb, ging der Kläger in Berufung und verlor vollumfänglich vor dem OLG Brandenburg.

Aussage

Aufgrund des Umstands, dass der Kaufvertrag die männliche Person als Verkäufer aufwies, ging das OLG Brandenburg auch davon aus, dass der Vertrag mit dieser zustande kam. Demgemäß bestanden gegenüber der Beklagten keine Ansprüche aus Sachmangel.

Dass Herr ... in Vollmacht für die Beklagte gehandelt habe, sei nach den gesamten, die rechtliche Würdigung einzubeziehenden Umständen nicht dargetan. Auch läge kein Umgehungsgeschäft vor. Die Vorschrift des § 475 Abs. 1 Abs. 2 BGB a.F. solle verhindern, dass sich ein Unternehmer den Bestimmungen über den Verbrauchsgüterkauf entziehe.

Unterbunden werden soll die Möglichkeit, sich durch entsprechende Vertragsgestaltung der Verpflichtungen aus dem Verbrauchsgüterkauf zu entziehen. Hätte eine solche Umgehung der Vorschriften vorgelegen, wofür allerdings der Kläger darlegungs- und beweisbelastet war, so wäre zum einen die Beklagte als Verkäuferin verpflichtet worden und zum anderen wäre ein vereinbarter Sachmangelausschluss unwirksam gewesen.

Zur Definition des Umgehungsgeschäftes führte das OLG Brandenburg aus:

„Ein Umgehungsgeschäft liegt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes dann vor, wenn ein Agenturgeschäft nach der hierbei gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise missbräuchlich dazu eingesetzt wird, ein in Wahrheit vorliegendes Eigengeschäft des Unternehmers zu verschleiern, weil der Händler im Verhältnis zum ursprünglichen Privatverkäufer das wirtschaftliche Risiko des Gebrauchtwagenverkaufs tragen soll.“

Davon ging das OLG Brandenburg im konkreten Fall allerdings gerade nicht aus. Der Internetauftritt der Beklagten habe erkennen lassen, dass diese sowohl Eigengeschäfte tätige als auch Fahrzeuge im Auftrag verkaufe.

Auch der Umstand, dass das Fahrzeug in den Verkaufsräumen der Beklagten aufgestellt war, lasse keine Rückschlüsse darauf zu, wer das wirtschaftliche Risiko des Verkaufs trage. Derartige Rückschlüsse rechtfertige auch nicht die von der Beklagten ausgestellte Pro-Forma- Rechnung. Es habe sich gerade nicht um eine „ordentliche“ Rechnung, sondern eben um eine „Pro-Forma-Rechnung“ gehandelt.

Ansonsten habe der Kläger wesentliche in die Beurteilung einzubeziehende Umstände eines Umgehungsgeschäftes nicht dargelegt, von welchen er allerdings Kenntnis haben musste – etwa wer bei Übernahme des Fahrzeugs Halter bzw. Versicherungsnehmer des gekauften Fahrzeugs war und an wen der Kaufpreis gezahlt wurde.

Auch haftete die Beklagte nicht als Sachwalter gemäß § 311 Abs. 3 BGB. Nach der Rechtsprechung des BGH haftet der Gebrauchtwagenhändler als Vermittler des Kaufvertrags oder als Abschlussvertreter aus Verschulden bei Vertragsschluss selbst, wenn der Kunde ihm ein besonderes über die normale Verhandlungsloyalität hinausgehendes Vertrauen entgegenbringe und erwarte, darin rechtlichen Schutz zu genießen.

Auch diesbezüglich genügte der Vortrag des Klägers im Prozess nicht, um das Vorliegen einer solchen Sachwalterhaftung zu bejahen. Dass der Gebrauchtwagenhändler die gesamten Vertragsverhandlungen allein führt, reiche per se noch nicht für die Annahme einer solchen Sachwalterhaftung aus.

Vor diesem Hintergrund blieb die Berufung des Klägers ohne Erfolg.

Telefon 0800 500 50 25

 
Cookies erleichtern die Bereitstellung unserer Dienste, lesen Sie mehr über die Verwendung in unserer Datenschutzerklärung.