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Reparaturkosten, Sachverständigenkosten und Standkosten – was kann der Geschädigte ersetzt verlangen?

OLG Nürnberg, Urteil vom 14.12.2016, AZ: 12 U 166/16

Praxis

Das Berufungsurteil des OLG Nürnberg stärkt die Rechte des Geschädigten nach einem Verkehrsunfall. So wird betont, dass der Geschädi gte grundsätzlich nicht zur Vorfinanzierung verpflichtet ist. Er muss sich auch nicht um einen Kredit bemühen. Kommt es aufgrund des zögerlichen Regulierungsverhaltens der eintrittspflichtigen Versicherung zu Verzögerungen, so geht dies zulasten der Versicherung. Hier können dann auch erhebliche Standkosten eingefordert werden.

Bezüglich der Reparatur - bzw. Sachverständigenkosten betonte das OLG Nürnberg, dass es vor allem darauf ankommt, ob für den Geschädigte n eine überhöhte Abrechnung erkennbar war. Di e Überhöhung muss offensichtlich sein. Falls dies nicht der Fall war, kann der Geschädigte auch für den Fall, dass der Reparaturbetrieb bzw. der Sachverständige überhöhte Kosten berechnet, diesen Betrag als Schadenersatz verlangen. Es ist dann Aufgabe der Versicherung, sich mit dem Rechnungsersteller auseinanderzusetzen.

Hintergrund

Das OLG Nürnberg beschäftigte sich als Berufungsinstanz mit der Frage, in welcher Höhe der Geschädigte von der unfallgegnerischen Kfz - Haftpflichtversicherung Schadenersatzbeträge resultierend aus einem Verkehrsunfall verlangen könne. Das OLG Nürnberg änderte die Entscheidung der Vorinstanz (LG Regensburg, (AZ: 4 O 544/15 (2)) ab und sprach dem Kläger 7.567,97 € an Schadenersatz zu. Die Berufung war überwiegend erfolgreich.

Aussage

Bezüglich der dem Kläger in Rechnung gestellten Reparaturkosten stellte das OLG Nürnberg fest:
„Der Kläger genügt als geschädigter Anspruchsteller seiner Darlegungslast durch Vorlage der Rechnung des Kfz - Meisters vom 23.05.2014 (Anlage K14). Das einfache Bestreiten der Beklagten reicht bei dieser Sachlage nicht aus. Selbst wenn die Positionen in der streitgegenständlichen Rechnung überhöht wären, ist von Seiten der Beklagten nicht dargetan, dass der Kläger dies habe erkennen können, zumal der Kläger den Privatsachverständigen … als Reparaturbegleiter beauftragt hatte. Im Übrigen würde ein unwirtschaftliches Reparaturvorgehen grundsätzlich dem Werkstattrisiko, das von den Beklagten zu tragen ist, unterfallen. Ein anspruchsminderndes Mitverschulden des Klägers dahingehend, dass dieser eine offensichtlich teilweise unbegründete Rechnung akzeptierte, könnte nur bei einer - hier nicht nachzuweisenden - Offenkundigkeit der überhöhten Rechnungsstellung angenommen werden. Die vom Kläger geltend gemachten Reparaturkosten in Höhe von 28.959,30 € brutto überschreiten nicht die auf 130 % zu bemessende „Opfergrenze".

Die Berufung des Klägers erscheint insoweit begründet.“
Im Hinblick auf die Sachverständigenkosten führte das OLG Nürnberg aus:

„Der Kläger hat durch Vorlage der Rechnung des Sachverständigen (Anlage K25) seiner Darl egungslast hinsichtlich des für eine Sachverständigenbegutachtung „erforderlichen" Betrages im Sinn von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB genügt. Grundsätzlich kann auch der Ersatz der objektiv erforderlichen Sachverständigenkosten vom Schädiger nach § 249 Abs. 2 Sa tz 1 BGB als Herstellungsaufwand neben den Reparaturkosten verlangt werden. Erforderlich sind aber nur diejenigen Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und angemessen erachten würde.

Eine Erstattungsfähigkeit der Sachverständigenkosten kann nur dann verneint werden, wenn selbst für einen Laien erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar geradezu willkürlich festsetzt, Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zu einander stehen. Unter Vorgabe dieser Kriterien kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Rechnungskosten nicht mehr im Rahmen wirtschaftlicher Vernunft halten. Auch hinsichtlich dieser Position erscheint die Berufung des Klägers erfolgreich. Weiterhin sprach das OLG Nürnberg Standkosten zu. Aufgrund der zögerlichen Regulierung der Beklagte n stand das Fahrzeug für 258 Tage auf dem Betriebsgelände der vom Kläger beauftragten Werkstatt. Die Werkstatt berechnete allerdings lediglich Standkosten für 129 Tage. Das OLG Nürnberg betonte, dass der Geschädigte Anspruch auf sofortigen Schadenersatz habe und nicht verpflichtet sei, aus eigenen Mitteln vorzufinanzieren bzw. gar Kredit aufzunehmen.

Das OLG Nürnberg hielt Standkosten für 129 Tage für erforderlich, kürzte allerdings bei der Höhe des berechneten Tagessatzes (berechnet wurden 35,00 €/Tag) auf 14,28 €/ Tag.

Telefon 0800 500 50 25

 
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